März Werk-Brief aus dem Atelier / zur Karwoche

Jetzt beginnt wieder das Frühlingserwachen – auch in meinen Händen

Die von bedrohlichen Nachrichten schockierten und verwundeten Sinne baden in heilenden Wundern.
Sterne erblühen auf den Wiesen und in der Luft wird ein neues filigranes Nest aus Vogelstimmen gewebt.

Jedenfalls hier, wo der Waffen- und Kriegslärm mit all seinem Leid und Elend (… vorerst noch?… ) nur über Bildschirme und Lautsprecher ins Bewusstsein kommt und das Fühlen und Denken bestimmt.
Mit einem Knopfdruck lässt sich das ausschalten, auch wenn es innerlich weiter bedroht und beängstigt.

Arbeitsblatt. Mischtechnik auf Papier. 30×30 cm. 23. März 2024

Wenn dann die still empfangenden Sinne lauschen:
was die Vogelstimmen für Klangteppiche in die Luft weben,
was der Wind her- und wegbläst,
was die Regentropfen trommeln,
was die stärker werdende Sonne sendet,
dann sickert vielleicht auch etwas von der aktuellen schlichten Gegenwart
– zum Beispiel die Wiesenblumen – in die Wahrnehmung.

Ich weiß es ja seit langem:
Diese unscheinbaren Blümchen sind nicht nur liebliche Harmlosigkeiten, verkörpert aus Licht, Wasser und Erde, sondern feinste Empfangsorgane kosmischer Frequenzen der Freude, die sich in rhythmischen Ordnungsstrukturen entfalten.
Sie sind mir Lehrmeister und Wegweiser.
Denn sie zeigen seit Millionen von Jahren, wie sich Gegensätze in schöpferischer Vielfalt ergänzen, statt sich zu bekriegen und zu befeinden.

Arbeitsplatz. Mischtechnik auf Papier. 30×30 cm. 23. März 2024

Zum Beispiel die kleinen dunkelvioletten Veilchen und die dottergelben Schlüsselblumen, die mit ihrem komplementären Form- und Farbenspiel diese neue Frühlingspartie festlich eröffnen. 

Dann tut es gut das Sehen in einem Zeichenprozess zu verlangsamen. 
Die Hände lehren mich sehen was ich sehe – dann sehe ich nicht nur was ich weißt.

Das Sichtbare wird zum präzisen Ausdruck des Unsichtbaren und spiegelt nicht mehr nur die Oberfläche eines oberflächlichen Wahrnehmens zurück, sondern du tauchst ein nach Innen, ins grenzenlose Nahe.

Das Sichtbare ist eine kosmische Partitur die die zeichnende Hand erspielt.

„Die Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder sondern macht sichtbar“,
dieses bekannte Zitat von Paul Klee verschmilzt mit einer Aussage von Novalis:
„Das Sichtbare ist ein in den Geheimniszustand erhobenes Unsichtbares“,
und einem Satz aus der Kabbala:
Wenn du das Unsichtbare erkennen willst musst du so tief als möglich in das Sichtbare eintauchen.“

Du siehst, hörst, riechst und spürst was im Sichtbaren verborgen ist, was es hervorbringt und erhält … wie dich selbst. 
Die Hand erforscht … das Herz versteht … der Körper weiß … das Denken blüht auf – und hofft auf Bienen.

Das ganze bewusste Sein ist in Resonanz damit. Es lässt sich ergreifen von der Quelle des lebendigen Werdens und dessen todüberwindender Kraft.

Die Augen öffnen sich wie Münder und trinken die stärkende, heilsame, im Gewohnten verborgene Schönheit – staunend und dankbar.

Die Karwoche beginnt … in einer Woche ist
O STERN

Arbeitsblatt. Mischtechnik auf Papier. 30×30 cm. 23. März 2024