Kinderspiel für alte Meister
Maler-Paletten, das sind keine Holzgestelle zum Transport von schweren Farbeimern, sondern dünne, handliche Platten auf denen die unterschiedlichsten Farben in öliger Geschmeidigkeit platziert werden, und worauf sich die Mal-Mittel in Menge, Mischung und Konsistenz organisieren. Diese Paletten faszinieren viele Maler, auch mich, seit ich vor 60 Jahren mit Ölfarben zu malen begonnen habe.
Auf diesen Tafeln der Möglichkeiten entsteht, fast nebenbei, eine vielfarbige Dynamik. Vielleicht ist es dieses Unabsichtliche das den Farb-Paletten ihren poetischen Zauber verleiht?
Auf der Paletten-Fläche gehen die komplementären Farbenpaare miteinander ins Werk – allesamt Aspekte des einen, farblosen Lichtes: Weiss–Schwarz Grün–Rot Orange–Blau. Gelb-Violett.
Ihre jeweiligen Eigenarten, ihre Parteilichkeiten, wirken zusammen, lassen sich auf ein Zusammenwirken ein, wenn sie sich zärtlich mischen, vehement abgrenzen, kontrastreich steigern, wild durchdringen. Was sich schließlich im entstehenden Bild zu einem komplexen Ganzen verbindet.
Ich fand es immer schade,die Palette, dieses farbig-dramatische Spielfeld, auf seinen praktischen Aspekt zu reduzieren und als Abfall zu behandeln. So sann ich auf eine Möglichkeit seine subtile Qualität in den künstlerischen Prozess zu integrieren.
Seit einigen Jahren platziere ich deshalb die kostbaren Tubenfarben auf leere Malkartons. Wenn das Bild, für das die Farben verwendet wurden, fertig ist, male ich – spielend – frei von irgend einer Vorstellung an der Misch-Palette weiter und lasse Geschehen was geschieht. Kein Ziel muss erreicht, keine Strecke zurückgelegt werden. Das ist erfrischendes Baden in Farben und Formen.
Von freigelassenem Elan geleitet, wird die Hand diesem strömenden Werden ganz überlassen. Sie führt dann den staunenden Augen ein variantenreiches „Kinderspiel für alte Meister“ vor.
Vielleicht ist das nicht systemrelevant, doch Kunst braucht kein System um relevant zu sein.