O STERN WERKBRIEF 2025

Es ist fünf Uhr Morgens. Amseln singen in den Bäumen des nahen Dreifaltigkeitsfriedhofs, mit seinen Gräbern, auch denen der Familie Mendelsohn. Ich mache einen Spaziergang entlang der mit Graffitis vollgesprühten Friedhofsmauer. Sie wird von alten gusseisernen Straßenlaternen beleuchtet.

Die Friedshofsmauer ist eine anschauliche Meditation. Aussen der Sprühkampf, der Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Dominanz. Innen die Stille der Gräber, die knospenden Bäume und die singenden Amseln. 

Ich bin allein unterwegs. Nur wenige Fenster sind noch – oder schon – erleuchtet. Ich ging, von der Mauer weg, in eine Seitenstraße, um dann über die Gneisenaustraße wieder zur Solmsstraße zurückzukommen. So spazierte ich zwischen mächtigen fünfstöckigen Häuserblöcken hindurch. Bewohnt von Menschen, Geschichten und Schicksalen in denen jetzt, in dieser frühen Stunde, vielleicht Träume von wilden Gefühlsherden aus der traumatischer Vergangenheit die ´Zukunft zu erstürmen suchen. Schlaflose erwarten sehnsüchtig den neuen Tag. Einen Tag der sich an den gestrigen anschließt wie ein frisches Glied an die bisherige Lebenskette, die zugleich hält und fesselt. Doch heute ist Ostern, das Fest der Auferstehung, das christliche Fest der Überwindung des Todes. Dieser Tag leitet durch die Kette des Alltags einen lichten richtungsweisenden Strom der Freude und Hoffnung, unter allen Umständen, wirklich unter allen, wenn es gelingt sich dafür zu öffnen. Die Bäume, mächtige Linden zumeist, diese atmenden Lichtumwandler nahe den Häusern, mischenden den Duft des Frühlings, ihre erdverwurzelte Gewissheit, die Schönheitskräfte der Sterne aus weit entfernten Räumen, lindernd in die österlichen Morgenträume hinein.

LEBENsKUNST

Wieder zurück in meiner Berliner KUNSTKLOSTER Labor Baustelle mache ich mich ans Schreiben.

Schreiben ist, wie das Zeichnen, eine grandiose Möglichkeit das Denken, Deuten und Schauen in die eigene Hand zu nehmen

Als ich vor fast vier Wochen zum ersten Mal nach den Sanierungsmaßnahmen hier ankam, fand ich, statt der inspirierenden Kreativlabor-Atmosphäre, eine verstaubte Müllhalde vor. Es musste die Treppe zur Straße hin entfernt werden. Seitdem steige ich auf einer fünfstufigen wackeligen Haushaltsleiter rein und raus (gutes Balancetraining!) Am Donnerstag war der Schreiner da, zur Begutachtung und zwecks Angebot einer neuen Treppe. Wenn er den Auftrag bekäme könne ich um Weihnachten herum mit einem möglichen Einbau rechnen, meinte er. Baustelle Berlin eben. Es gibt vieles dabei zu lernen. Zum Beispiel was mit dem Begriff: „Aufopferungsansprüchegemeint ist. Zudem ist es eine Herausforderung an die gestaltbildende, intelligente Kraft, das vorgefundene Chaos in eine neue Qualität, in eine neue Ordnungsgestalt umzuwandeln. Also das was beim Schreiben und Malen erkannt wird in die konkrete Praxis umzusetzen. LEBENsKUNST zu üben.

Medienfasten seit drei Wochen übe ich mich in „Medienfasten“ oder genauer „Nachrichtenfasten“, um dem Ostergeschehen – in der Natur und im Menschen – meine gesammelte Aufmerksamkeit zu widmen. 

So wurde dieses Ostern zum Retread mitten in der Stadt, zum KUNSTKLOSTERN in Berlin.

Am Mittwoch fahre ich – zur kosmischen Baustelle– an meinen Natur-Arbeitsplatz zurück, und zu den Gänseblümchen, diesen feinen Lichtmembranen von Erde und Sonne. Ich bin beauftragt sie zu porträtieren.
Für DAS BLUMENMUSEUM auf der Sonne.

Arbeitsplatz KUNSTKLOSTER IM Frauenhof 2025