… work in progress
Ursprünglich wollte ich diese Woche nach Berlin in mein Stadtatelier fahren, doch mein Auto muss in die Werkstatt. Und mit dem Zug kann ich großformatige Bilder, die ich dort zeigen will, nicht transportieren. So habe ich die Reise verschoben und konzentriere mich auf die Arbeit im Waldatelier.
Die Stille in diesem Atelier ist – ausgerichtet im Alleinsein auf den ganzen Menschen – der Kompass und die Navigation.
Im Atelier (ob Stadt oder Land) gibt es zwischen dem inneren Wahrnehmen und dem nach Außen Ins-Werk-Setzen keine Trennung. Innen und Außen werden als EIN zweipoliger Raum erfahren. Dieser ist, wie die beiden Gehirnhälften, über das Corpus Callosum, die Hirnbrücke mit 250 Millionen Nervenfasern, miteinander verbunden. Solche hochfrequente Brücken-Verbindung kennzeichnet auch das Ateliergeschehen. Auch hier treffen unterschiedlichste Gedanken, Emotionen, Ideen, Impulse, in wirbelnden Bewegungen zusammen und vermischen sich zu Vorstellungen und Deutungen die hormonelle Reaktionen auslösen, und rückkoppelnd wiederum das Handeln und Denken bestimmen. So entstehen in sich geschlossenen Denk- und Urteilsschleifen denen die Wahrnehmung nicht entkommt. Das erzeugt dann: „die Wirklichkeit“. Doch muss etwas dabei empfangsbereit bleiben für Inspirationen aus höheren unbewussten Ebenen.
Die Kunst ist es, diesen Schleifen, mit ihren fragmentarischen, oft wider-streitenden Dynamiken und Identitäten, öffnende Gestalt abzugewinnen.
Das Waldatelier ist momentan auch der richtige Ort, um dem absurden und gefährlichen Meinungssturm und -sog in der Welt ( … und im eigenen Kopf) – der dich zum Feindbild-Experten, zum Gut-Böse-Bekenner (WIR die Guten, die ANDERN die Bösen) machen will – mit lichter Stille zu begegnen.
Feind-Bilder (diese Schattenbilder) lösen sich in solch lichtvoller Stille auf.
Denn im Atelier ist es unsinnig die polar sich ergänzenden Kräfte in feindliche Parteien zu spalten. Die linke und rechte Hand arbeiten zusammen, nicht gegeneinander. Nur das Zusammenwirken ergibt eine sinnvolle Gestalt, die für das komplexere Ganze von Wert ist.
Ausweg und Einweg. Auch wenn es manchmal in der Dramatik des Geschehens keinen Ausweg mehr zu geben scheint, der Einweg, der Eingang zum innereigenen Arbeitsplatz bleibt offen. Der befindet sich in der vermittelnden Mitte. Wie der Corpus Callosum im Gehirn als Verbindungsstückes zwischen den beiden Gehirnhälften, wie das Herz im Körper, das, wenn es gesund ist, den ganzen Leib, und nicht nur bestimmte Regionen versorgt.
Die Mitte ist der Ort der am weitesten entfernt ist von den Extremen, und sie zugleich verbindet. Von der Mitte aus lassen sich die extremen Gegensätze zu Flügeln wandeln. (zum Beispiel: wenn begnadete Pianistinnen und Pianisten uns am Flügel – in der Mitte sitzend und mit linker und rechter Hand die Extreme spielend – zum Schweben bringen).
Dort, in dieser spielenden dynamischen Balance ist das, was wir das Numinose, das Göttliche nennen, zu finden (…dort findet es uns). Dort werden – mit dem pulsierenden Feuer der schöpferischen Kraft – feindliche Gegensätze zu inspirierenden Gedankenbildern umgeschmolzen, und freudig-mutige Gefühle lassen spontan ein förderliches Klima für mögliche Lösungen gedeihen.
Ich frage mich: Ist dieses Denken und Beschreiben (im Corpus Callosum) nicht selbst schon Atelierarbeit? Gewiss, doch will es sich in der Tat beweisen.
Noch ist es dunkel draußen. Wenn es hell wird werde ich mit meinen Händen in Farben und Formen weiterdenken: malend.