Schwarze Madonna

 Werkbrief aus dem Atelier, KUNST KLOSTER im Frauenhof, 24.11.2024 (Totensonntag).

Schwarze Madonna

Momentan male ich an meiner „schwarzen Madonna“. Das ist eine große völlig ungewöhnlich verfärbte Quitte von meinem Bäumchen vor dem Kunstraum Hohenstadt. Auf dem Ateliertisch (meinem Wahrnehmungslabor) wandern einige dieser wundervollen goldgelben Früchte langsam in ihren Auflösungsprozess (Entformungsprozess) hinüber. Sie entledigen sich gelassen aller vorangehenden schönen Attribute. 

Ich schaue mir also an was in gewisser Weise auch mit mir selbst (ebenfalls so ein Früchtchen!) passiert. Nämlich: a l t e r n … t o d s i c h e r. 
Schauen öffnet die Wahrnehmung auch für nicht unmittelbar Sichtbares.
Da ist das Drama der Welt, mit seinen menschengemachten Katastrophen, seinen Kriegen, (diesen hochgerüsteten, hechelnden Erstarrungen … immer brandaktuell im medialen livestream dabei) das Resonanzen in mir auslöst. Zugleich sind da die Bäume, Tiere und Blumen, das Wasser, die Luft, die Wärme und das Licht der Sonne, die mit meiner verkörperten Natur in harmonischer Wechselwirkung pulsiert.
Und schließlich wirkt auch die kulturelle Prägung, mit ihren herrschenden Werten (und Unwerten). 

Unabweislich ist klar: während meiner Lebenszeit hat sich die Lage auf der Erde nicht befriedet. Im Gegenteil. Das vielbesungene AquariusWassermann-Zeitalter, so hat es den Anschein, prallt mit seinen sanften lichtvollen Hoffnungsfunken an den kalten stählernen Spiegelrüstungen kollektiver Angstdämonen, die auf ihren galoppierenden, waffenstrotzenden medialen Reittieren lärmend das Bewusstsein besetzen , wirkungslos ab. 

Zum Verzweifeln? Ansichschon. Doch Verzweifeln ist ein effinzenter Strategieaspekt dieser Kräfte.
Was also tun? Auf ein Wunder hoffen? Nicht nötig. Das Leben ist selbst das Wunder, auch wenn wir es als Menschheit noch nicht wirklich be- und ergriffen haben. Ob ich es begriffen habe weiß ich nicht, doch ich kann mich davon ergreifen lassen. Auch von dem was da vor mir liegt: mein aktuelles Vor-Bild das es zu befragen und zu erkunden gilt.

Die „schwarze Madonna“ zeigt mir die Erhabenheit der Auflösung. Nach ihrer goldgelben strahlenden, duftenden Schönheit zieht sie ihr schwarzes Gewand, mit Falten und Rissen, über. Es bilden sich Landschaften von elementarer Ursprünglichkeit. Ihre Innenräume sind verborgen. Nach außen die Auflösung. Dort innen, unsichtbar in der Mitte der Frucht, in der fünfsternigen Grabkammer, reifen ihre Samenkerne. Darin ist alles enthalten was die Zukunft für einen neuen ganzen Baum braucht. 

Das übernehme ich – einfältig – als Anleitung und Hinweis für mich. Auch ich kann in meinem altersreifen Körper diese Kerne – nach aussen unsichtbar – aus dem Fruchtfleisch meines Gewordenseins, mit den Essenzen des Biografiekörpers, (den er-Innerungen) bilden. Kann sie laden, in der Kernkammer meines Seins, mit dem Bewusstsein herbstlicher Fülle vieler Jahrzehnte. Dazu erbete und erbitte ich die universelle Süße und Liebeskraft – nach ChristusKrishnas sonnenstrahlendem Vorbild – herein. 

Daran also arbeite ich: malendreflektierend im Atelier-Arbeitsplatz. Das heißt: in meinem ganz konkreten Sein  und Gestalten im ALLtag. Solange mein Herz diese Verkörperung mit Lebenskraft durchpulst. Und möglicherweise auch noch danach: wer weiß. Vielleicht für eine Zeit in der die Kriege (die erzeugen was sie bekämpfen) endgültig vergangen sein werden? Diese Zeit ist schon da, wenn auch noch nicht entfaltet, wie der Same in der reifen Frucht, wie die winzige Knospe am Zweig von dem eben die Blätter gefallen sind.

Mein Sehen reift nach innen und außen. Wie die Quitte auf ihrem Baum, und dannach, wenn sie abgefallen ist.
Es sieht das Aufknospende und das Auflösende … Und es lernt unterscheiden: zwischen Vernichtung und Verwandlung.