Zu Hause – im Brunnen der Bilder
Sonntag-Morgen.
Impuls
Manchmal findet mich etwas. Ein Impuls geht davon aus und ich reagiere darauf.
Das kann ein Naturobjekt, ein Wort, ein Material oder auch ein Foto sein das mein Interesse weckt. Dann beginnt im Atelier der Dialog: zeichnend und reflektierend.
So hat mich ein altes Familien-Foto magisch angezogen. Am 10.10. 2013 zeichnete ich es in das damalige Reclam-Universal-Notizbuch.
Das Foto zeigt die Trilogie: Mutter-Vater-Kind, umgeben von Geschwistern, Onkel, Tanten, Großmutter, Vetter und Cousine, liebe Verwandte. Dahinter beginnt der anonymere Raum.
Ein Zeitdokument wie es wohl die meisten kennen. Viele auf diesem Fotos sind bereites verstorben, und aus Kindern wurden „Gewordene“.
Das Kind auf dem Schoß meiner Mutter bin ich. Es war Nachkriegszeit. Heute bin ich selber Großvater und habe Enkel auf dem Arm. Die Zeitspanne dazwischen dehnt sich auf. Ein Abgrund, ein Brunnen? Jedenfalls ich springe.
Zeichnen
Der Zeichner macht den Schritt vom Betrachten ins Tun. Das heißt er springt in die Oberfläche der Erscheinung hinein, taucht in den Brunnen seiner Eigenschaften hinab und zeichnet auf was er dort findet.
Neues Bild
Nach dem Bild „Navigation“, das im Werktagbuch ROTUMWANDLUNG am 24. 4. vorgestellt wurde, wählte ich es aus den vielen Motiven als nächstes dieses Bild für die aktuelle Reihe aus.
Vielleicht auch, weil es den gegenwärtigen Weltzustand des „Zu-Hause-Seins“ thematisiert?
Vier Tage arbeitet ich daran.
Wahrnehmung
Der Prozess des Malens und Schreibens polt die Wahrnehmung von außen nach innen um. Ich schaue, wenn ich schreibe, zwar auch nach Außen auf den Bildschirm, und beim malen auf die Bewegung der Hand und was dadurch entsteht, doch zugleich – für Andere unsichtbar – blicke ich auf das was sich im inneren Wahrnehmungsraum zeigt. Diese innern Impulse bestimmen was sich äußert. Das wirkt unmittelbar zurück. Der Gestaltungsprozess gestaltet zugleich den Gestalter.
Dieser schöpferische Prozess ist alltäglich und findet bei jedem Menschen unbewusst statt. Im schöpferischen Prozess dringt er, höchst erregend, ins Bewusstsein, und regt das ganze komplexe Menschsein an, auch das Immunsystem.
Person
So wurde das persönliche Motiv beim Zeichnen immer mehr der Bedeutung des Begriffs „Person“ gerecht. Durch das „mein“ klang auch das „dein“ hindurch und das Foto gelangte nach und nach durch die Oberfläche der Privatheit auf die Ebene des Sinn-Bildes.
Denn das ist bei jeder Person strukturell ähnlich. Sie stammt aus einem großen Zusammenhang. Ihr Körper entwickelt sich aus den intelligenten Werkstätten des Universums, und ihr Ich entfaltet sich aus der lebendigen Gemeinschaft der Familie, den Verwandten, des Dorfes, der Stadt, des Sprachraums. Es und nimmt dessen Eigenschaften in sich auf, die es als Heimat erlebt.
Auch das Ich lotet, über die Ahnen, zurück bis zum Ur-Menschen-Paar, bis zu Eva und Adam, bis zur Sigularität des Ursprungs, der über alle Zeiten hinweg als Lebensimpuls in jedem gegenwärtigen Herzschlag wirksam ist.
Und da wird es interessant, da beginnt der künstlerische Erkenntnisprozess, dessen leidenschaftliches Anliegen es ist, den großen Zusammenhang zu sehen, das Ganze zu erleben in jedem Detail.
Das Einzelne und das Ganze
Bin ich, bist du, nicht wie ein einmaliges Blatt am Weltenraum?
Den Zweig der Familie, die Geschwister, die Eltern, die Verwandten kann ich grade noch überblicken. Und ich ahne auch den großen Ast mit den vielen anderen Zweigen, dessen Sprache ich spreche.
Doch das Individuelle, Differenzierte, summiert sich bald zur Menge und geht nahtlos über in Masse.
Den ganzen Menschheitsbaum mit seinen verschiedenen Ästen und Sprachen, die in völlig andere Richtungen wachsen, kann ich nur ahnen.
Wenn ich jedoch das Blatt, das ich bin, eines von bald acht Milliarden, anzuschauen lerne, erkennt sich darin vielleicht etwas vom ganzen Baum.
Gewiss, ich bin nur winziger Teil des Ganzen.
Also muss das Ganze in mir sein … lass mal schauen.
Im einzelnen Lebewesen versammelt sich die Evolution, deren Sinn es ist, eben dieses Lebewesen zu erschaffen. Und dann? Was erlebt seine königliche Exzellenz – die Einmaligkeit?
Sie tritt in die Welt und findet viele andere Einmalige vor. Sehr, sehr viele. Und alle haben ihren eigenen genetischen Code, eigene Stammzellen. Und alle sind berechtig sich Kinder des Ursprungs zu nennen.
Gesellschaft
Nun bilden diese Einzelkörper wieder Organe, Organisationen, Gesellschaften und Imperien. Meist rivalisierende Fragmente des Ganzen, im Kampf um Nahrung und Wasser, Einfluss und Macht
Alle Fahnen aller Nationen haben Farben des Lichts, doch das Licht kann ihnen bei ihrem „Farbe-Bekennen“ leicht abhanden kommen. Die Identität liegt in einer Auswahl. Das Ganze gerät aus dem Blick.
Spezialisten fürs Ganze
Die Zusammenhänge müssen Künstlerinnen und Künstler, Erdwerker, Klimaktivisten und integrale Denker, wie Jan Gebser, Ken Wilber und Sri Aurobinodo, und viele andere kluge und verantwortungsbewusste Menschen, als „Spezialisten fürs Ganze“, leisten.
„I AM FIRST“ ist das Angst-Ego-Mantra.
„YOU ARE FIRST“ dessen Auflösung.
Luft
Jetzt macht ein Virus mit einem Mal das Ganze bewußt, wenn auch mit negativen Vorzeichen. Es ist ein Appell an den Atem, an die Luft. Dieses feine, durchsichtige Element ohne das wir keine fünf Minuten leben können.
Es gibt nur einen Luftraum für alle atmenden Wesen, und die bisher abwertende Redensart:
„Du bist für mich Luft“ wandelt sich:
„Du bist für mich Luft“… echt so wertvoll?
Bilden und Denken
So gibt es zwischen Bilden und Denken keinen Zwiespalt, sondern eine spannungsreiche dynamische Harmonie, die beides steigert. In den Werkbüchern ist das seit 1971 dokumentiert.
Einen nonverbalen bildnerischen Prozess zu reflektieren, und durch seine Beschreibung neue Zusammenhänge zu finden, hat sich in den 50 Jahren meiner künstlerischen Forschung als sinnvoll erwiesen.
zu Hause
So wird die Arbeit am Bild zum bildnerischen Denken.
Das zu Hause, das nicht alle haben, ruft die Frage auf, was und wo ist dieses Haus? Klar, da ist das Haus mit der Tür und den Fenstern und den Zimmern. In diesem Haus lebt der Körper, mein Körperhaus. Und darin wohnen und wirken Organe: Herz, Gehirn, Lunge, Leber Nieren, Magen-Darm. Dort sind Billionen Zellen, Viren und Bakterien zu Haus.
Dreifach
Jeder Mensch ist, grob gesagt, dreifach.
1. er ist physische Person. Mit ihr wird die Welt geboren mit ihr geht sie. Ganz und gar.
2. Er ist Teil der Menschheit, ein soziales Wesen. Als solcher einer unter vielen.
3. Er ist geistige-spirituelle Möglichkeit, in der sich Person und Gemeinschaft auf einer schöpferischen, freien Ebene neu erfinden und finden.
GENIUS
In dem Bild wird diese dritte Ebene durch ein Wesen repräsentiert, das nicht an die Reihenfolge und Ordnung der Geschlechter gebunden ist.
Ein fliegendes Wesen mit einem goldnen Bogen, das offenbar sein Fortbewegungsmittel ist. Es gehört nicht der Zeit, nicht der Geschichte, nicht den Schichten der Generationenfolge an. Doch kann es sich darin frei bewegen, meist ohne wahrgenommen zu werden.
Es ist, wie das Licht, wie ein Quantum Ewigkeit, allgegenwärtig.
Es ist DAS JETZT im Fluss der Zeit. ,
Es ist außerhalb der sich selbst reproduzierenden Natur und deshalb für diese der entscheidenden evolutionäre Faktor. Es ist wie ein Ewigkeits-Same der den Menschen, als geistig-spirituelles Wesen, in seinem Körperhaus zu inspirieren vermag.
Der Genius ist für jeden Menschen da, wenn dieser sich dafür vorzubereiten und zu öffnen vermag. Der geistig-spirituelle Aspekt des Menschen verhält sich wie eine Pflanze, die aus der Erde dem Licht zuwächst.
Blasen
Die blauen, blasenartigen Schichten, die sich im Wechsel bilden und aufheben, durchzieht eine rote Linie die Ursprung und Gegenwart verbindet.
Am Wirbelpunkt der Umkehr, bespricht sich die Seele, die zur pyhsischen Geburt kommt, mit geistigen Beratern.
Ausgedacht
Natürlich denke ich mir das nicht aus und illustriere es dann, sondern die Einsicht taucht im Malprozess auf, wenn das Denken ausgedacht hat.
Ich entdecke es. Oder präziser: es zeigt sich mir. Ich lerne vom Bild.
Es hat eine Folgerichtigkeit der ich folge, wie einem Bergführer in unbekanntem Gelände. Das Bild geht auf wie eine mathematische Gleichung und, wie eine Tür zu Haus ins Freie – HINEIN.
Heimat VERLUST
Während sich im Haus die Tür nach innen öffnet, erlebe ich, wenn ich sie nach außen öffne und rausgehe zum Einkaufen, bei lichtem Sonnenschein und unverändert schöner, heimatlicher Landschaft, eine rapide voranschreitende Auflösung der sozialen Heimat.
Die zweite menschliche Ebene, die verkörperte Gemeinschaft, die sich durch lebendige Beziehungen bildet, löst sich in ungeheurem Tempo auf. Weltweit. Die Bindemittel schwinden zwischen den Pigmenten. Sie verstauben und werden aus ihrem Kontext weggeblasen. Das befruchtende und verbindende Wasser wird abgepumt. Sozialwüsten dehnen sich rasend schnell aus.
Öffentlicher Raum
Den öffentlichen Raum, wo sich Menschen in ihrem größeren Sozialkörper begegnen, dessen Teile sie sind, wo sie sich aneinander erfreuen, aneinander reiben, finden und verlieren, okkupiert ein gespenstisches Vakuum, das, wie eine feindliche Macht, alle spontanen Bewegungen erst verlangsamt, dann erstarren lässt und schließlich verbietet und bestraft.
Maske
Dort können wir uns nur noch maskiert begegnen.
Doch wer begegnet sich da? Angstvoll auf überwachten Abstand achtend, immer in Gefahr, immer gefährdet, begegnen sich gefährdete Gefährder. Alle unter Corona-Gereralverdacht.
Lächerliche Masken ersticken das Lachen, und das Atmen wird erschwert, weil die eigene, verbrauchte Luft wieder eingeatmet wird. „Bleiben sie gesund“, hinter der Make gesprochen, das klingt dann schon fast zynisch.
Vorschrift
Wer sich an die Vorschrift hält, so die „offizielle Werbung“, trägt dazu bei, dass möglichst rasch die Masken wieder fallen können, weil dann die Fallzahlen fallen. Was ist da der Fall? Was fällt da völlig aus Rolle und Rahmen bei sinnwidriger Kontrolle?
Ist das ein Fall fürs Irrenhaus. Oder werden wir gleich IRR zu HAUS und streicheln den Bildschirm mit gewaschenen Händen und desinfiziertem Hirn, gelähmt-hoffend auf die Wunderwaffe, wie in andern Kriegen auch … hier heißt sie: Impfstoff?
Hygiene-Burka
Nun gut. Tragen wir die Hygiene-Burka, verordnet von zahlengläubigen Priesterinnen und Priestern einer neuen fundamentalistischen Wahrscheinlichkeitsreligion.
Augenblick mal
Was schreibe ich denn da? Wessen Stimme spricht und feuert hier?
Was verführt mich zu solch hitziger Wahrheit? Braucht es nicht eher Wasser, nährendes, heilendes Wasser aus dem Brunnen des Herzens, um zu Hause kleine Gärten anlegen zu können, wo Gemüse und Blumen gedeihen, auch nährende Gedanken?
Ist in diesem gigantischen Geschehen nicht auch eine ebenso gigantische Hilflosigkeit auszumachen bei denen sich Regierungsmacht und Verordnungsinstrumente marionettenhaft verselbstständigen?
Feindbilder
Nein, ich werde keine Feindbilder malen, auch nicht mit Masken.
Brunnen
Ich denke an meine verstorbenen Eltern, meine Freude, die verstorbenen und die lebenden, und an die Kinder die ich nun selber halten darf, und an das was mir dieses Bild an Einsicht schenkte.
An den großen Zusammenhang von Kommen und Gehen im polaren Da-Sein, an den Genius aus geschichtsfreien Ordnungen, und an den heutigen Sonntag, dessen Licht schon dämmert. Ich denke an Dich, an Sie, und bedanke mich für die Anteilnahme und Rückmeldung.
Kraft des Innern
Aus dem angstfreien Innern kommt die Kraft, mutig, ohne maskierte Herzen zu leben. Mit sich selbst und miteinander, unter allen Umständen.
Ist es jetzt nicht möglich – in dieser Zeit der öffentliche Isolierung, als „Riskogruppler“, in den eigenen biografischen Brunnen zu steigen, um dort aufzuräumen, Raum zu schaffen für die höhere Intelligenz die am Grund des Brunnens – sonntäglich-sonnig gestimmt – auf uns wartet, um das Unterste mit dem Obersten zu verbinden?
Es ist zu vermuten, dass in diesem zu Hause eine Heimat wächst, eine grenzenlos Bergende, unvorstellbare, die sich entfalten kann wenn ich den Weg betrete der sich im Gehen bildet, wenn ich dazu aufbreche.
Eine Heimat wie der Samen-Kern in der reifen Frucht.
In diesem Sinne
Alfred (Bast)